Hamburg, Mai 1981: jeden Tag nach der Schule fuhr ein junger Bursche mit seinem Rennrad so schnell er konnte zu einem der angesagtesten Plattenläden der Stadt, “Tractor” in Eppendorf. Doch er kam jeden Tag zu spät, Michael, der Geschäftsführer, schüttelte schon den Kopf, wenn er ihn vor dem Geschäft anhalten sah. Die Single, die er kaufen wollte, war schon wieder ausverkauft: “Der Goldene Reiter”.
China, Mai 2018: der Musiker und Produzent Martin Engler befindet sich gerade mit seiner Band “MONO INC.” auf seiner ersten Tournee durch China. In den frühen Morgenstunden erfährt er vom Abstieg des HSV und schreibt einem Freund in der Heimat eine SMS mit einer Idee.
Dieser Freund war kaum eine halbe Stunde zuvor aus dem Volksparkstadion nach Hause gekommen. Es ist der Stadionsprecher des HSV, Lotto King Karl, der Junge mit dem Fahrrad von vor 37 Jahren. Martin schrieb von einer Idee zu einem Song, den er einige Jahre zuvor mit Joachim Witt komponiert hatte. Die Idee zu einem Duett. “Aufstehen”, ein Lied, bei dem es um Hoffnung geht in schweren Zeiten. Darum, Mut zu machen und zu fassen, wenn es scheint, als ob nichts mehr geht und eine Welt in Trümmern liegt. Um das, was der Junge auf dem Fahrrad kurz zuvor – ohne auch nur zu ahnen, was sich da gerade am anderen Ende der Welt entwickelt – vor den Kameras der TV-Sender als “unsere Stunde Null” bezeichnet hatte. Als den Punkt also, an dem es nur noch eine Richtung geben kann: nach vorne. Wieder aufbauen, das Schicksal annehmen und die Vergangenheit zu akzeptieren. Den Ballast über Bord zu werfen und eine neue bessere Zukunft aufzubauen. Und sich eben nicht abzuwenden, bloß weil das einfacher wäre. Aufgeben ist keine Option.
Und dann Joachim Witt, der selber früher beim HSV gespielt hat. Ein talentierter Kicker, für den aber immer die Freude am Spiel im Vordergrund gestanden hat. Und die Verbundenheit zum Verein, dessen Fan er bis heute geblieben ist. Der bis heute gerne an diese Zeit zurück denkt, ohne sich zu fragen, was aus seinen fußballerischen Fähigkeiten hätte werden können. Denn es ging ihm nie darum, als Fußballer reich und berühmt zu werden. Vielleicht, weil er schon damals ahnte, dass sein Weg ihn auf andere Pfade führen wird: an ein Mikrophon.
Dahin, wo die Beiden jetzt stehen.
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Text/Bild: NoCut